GBP-Monitor: Grundsteuerreform – aktuelles Kosten-Nutzen-Verhältnis lähmt Digitalisierung

Die betriebsinterne Digitalisierung im Rahmen der Grundsteuerreform geht nur sehr schleppend voran. Lediglich die Branche der Rechts- und Steuerberatung hat die geplanten Maßnahmen bereits abgeschlossen. Die von Olaf Scholz – damals noch als Finanzminister –  in Aussicht gestellte „digitale Grundsteuer“ liegt damit derzeit noch in weiter Ferne. Ein Grund dafür: Für viele Unternehmen stimmt das Kosten-Nutzen-Verhältnis nicht. Insbesondere für kleine Unternehmen und für Unternehmen in Baden-Württemberg, die aufgrund des dort geltenden Bodenwertmodells bei der Grundsteuererklärung weniger komplexe Prozesse zu bewältigen haben, lohnen sich Digitalisierungsmaßnahmen aktuell offenbar nicht. Das zeigt der Februar-Bericht des German Business Panel (GBP).

Die Grundsteuerreform in Deutschland soll das Grundvermögen neu bewerten und wird gleichzeitig zum Anlass genommen, das Grundsteuerrecht digitalisierbar und damit effizienter zu gestalten. Doch auch nach Ablauf der verlängerten Abgabefrist Ende Januar steht für ein Viertel der Grundstücke die Grundsteuererklärung immer noch aus. Auch die Umsetzung der beabsichtigten Digitalisierungsmaßnahmen läuft weiterhin schleppend. Das zeigt der Februarbericht des German Business Panel. Lediglich die Branche der Rechts- und Steuerberatung hat die geplanten Maßnahmen bereits abgeschlossen. Unternehmen anderer Branchen gaben bei der Befragung im Januar an, im Durchschnitt bislang lediglich 43 Prozent der geplanten Maßnahmen umgesetzt zu haben. Der Fortschritt gegenüber den Vormonaten ist damit verschwindend gering – aktuell scheinen die Digitalisierungsbemühungen zu stagnieren.

Unternehmen mit vielen Grundstücken setzen auf Digitalisierung

Ein Ergebnis, das zunächst überraschen mag. Denn die Bewältigung der neuen grundsteuerlichen Pflichten könnte mithilfe von Digitalisierung maßgeblich erleichtert werden. Doch für viele Unternehmen scheinen die Kosten derzeit den Nutzen zu übersteigen: „Der effizienteren Bearbeitung und besseren Monitoring-Möglichkeit von Grundsteuersachverhalten stehen die initialen Kosten für die Implementierung der Digitalisierungsmaßnahmen gegenüber“, erklärt Prof. Dr. Johannes Voget, Inhaber des Lehrstuhls für Allgemeine BWL, Taxation und Finance. „Das digitalisierbare Grundsteuerrecht stellt für Unternehmen zum aktuellen Zeitpunkt eine Kostenfrage dar und ist nur bei ausreichendem korrespondierendem Nutzen realisierbar“, so der Co-Leiter der Studie weiter.

So setzen mit 61 Prozent vor allem Unternehmen, die steuerlich viele Grundstücke verantworten, Digitalisierungsmaßnahmen um. Unternehmen mit nur wenigen Grundstücken tun dies mit 38 Prozent deutlich seltener. Auch die schnelle Digitalisierung der Unternehmen in der Steuer- und Rechtsberatung kann durch Kosten-Nutzen-Abwägungen erklärt werden: „Die Digitalisierung führt bei einer erfolgreichen Umsetzung zu effizienteren Prozessen. Wenn auf diese Weise Grundsteuererklärungen für Mandanten schneller erstellt werden, haben sich die Digitalisierungskosten bei gleichbleibenden Erträgen pro Erklärung schnell amortisiert“, so Prof. Dr. Davud Rostam-Afschar. „Fehlen unmittelbare Anreize, muss der Umsetzungsaufwand so niedrig wie möglich sein, um von den Unternehmen angenommen zu werden, erklärt der akademische Leiter des GBP weiter.

Das Grundsteuermodell ist bei der Digitalisierung entscheidend

Ob sich für Unternehmen Digitalisierungsmaßnahmen lohnen, hängt auch davon ab, welches Grundsteuermodell im jeweiligen Bundesland zugrunde gelegt wird. Bei Unternehmen in Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen ist der Digitalisierungsfortschritt aktuell am höchsten. 40 Prozent der Unternehmen setzen Digitalisierungsmaßnahmen um. Diese Bundesländer unterliegen einem Äquivalenzmodell, bei dem das Grundvermögen nach der Fläche des Grund und Bodens sowie des Gebäudes berechnet und teilweise durch einen Lagefaktor angepasst wird. Das Bodenwertmodell, das in Baden-Württemberg zukünftig gilt, hingegen bildet das Schlusslicht bei der Digitalisierung. Nur 28 Prozent der betroffenen Unternehmen gaben an, aufgrund der Reform Digitalisierungsmaßnahmen zu ergreifen. Ursache dafür könnte die Einfachheit des Bodenwertmodells sein. Es erfordert nur wenige Daten und ist durch eine simple Berechnung gekennzeichnet. Gleichzeitig kann jedoch auch das als am komplexesten geltende Bundesmodell nur mäßig, nämlich 34 Prozent der Unternehmen, zur Digitalisierung motivieren.

 

Den „GBP-Monitor: Unternehmenstrends im Februar 2023“ finden Sie rechts.

 

Weitere Informationen zum GBP-Monitor
Das German Business Panel befragt monatlich mehr als 800 Unternehmen zur Unternehmenslage in Deutschland und erhebt dabei Daten zu 1) erwarteten Umsatz-, Gewinn- und Investitionsänderungen, 2) unternehmerischen Entscheidungen, 3) der erwarteten Ausfallwahrscheinlichkeit in der Branche und 4) der Zufriedenheit mit der Wirtschafspolitik. Zudem wird jeden Monat zu besonders aktuellen Fragen berichtet.

 

Beteiligte Institutionen

Die Hauptstandorte vom TRR 266 sind die Universität Paderborn (Sprecherhochschule), die HU Berlin und die Universität Mannheim. Alle drei Standorte sind seit vielen Jahren Zentren für Rechnungswesen- und Steuerforschung. Hinzu kommen Wissenschaftler der LMU München, der Frankfurt School of Finance and Management, der Goethe-Universität Frankfurt, der Universität zu Köln und der Leibniz Universität Hannover, die die gleiche Forschungsagenda verfolgen.