GBP-Monitor: Kriegsfolgen und mögliches Rohstoff-Embargo trüben Gewinnerwartungen deutlich

Am 20. März wurden die Corona-Maßnahmen weitreichend gelockert. Doch das schafft für Unternehmen nicht die erwartete Entlastung. Insbesondere die Gewinnerwartungen werden vom Krieg in der Ukraine überschattet. Laut April-Bericht des German Business Panel (GBP) sinken die Unternehmensgewinne im Vergleich zum Vorjahresmonat um 4,7 Prozent. Auch die Zustimmung zu den geplanten Wirtschaftssanktionen ist nicht mehr ungebrochen. Während die bislang erlassenen Sanktionen weiterhin mehrheitlich unterstützt werden, trifft ein mögliches Rohstoff-Embargo auf ein geteiltes Echo. Insbesondere Unternehmen, die Gas in der Produktion oder entlang der Wertschöpfungskette einsetzen, bewerten ein Embargo mehrheitlich als negativ. 31 Prozent von ihnen rechnen damit, dass sie mehr als zwei Jahre benötigen werden, um die ausbleibenden Gaslieferungen zu kompensieren.

Auf täglicher Basis befragt das German Business Panel an der Universität Mannheim Unternehmen in Deutschland, welche Veränderungen sie bei Umsätzen, Gewinnen und Investitionen erwarten. Die aktuellen Daten vom April zeigen, dass der Krieg in der Ukraine die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen weiterhin erheblich beeinflusst. Gewinn-, Investions- und Umsatzerwartungen sind seit Kriegsbeginn deutlich zurückgegangen. Die erwartete Gewinnwachstumsrate ist seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine von +5 Prozent sprunghaft auf zuletzt -4,7 Prozent gefallen. Ähnliches gilt für Investitionen und Umsätze. Die weitreichenden Lockerungen der Corona-Maßnahmen konnten diesen Trend nur kurzfristig und nur im von den Schließungen besonders betroffenen Veranstaltungs- und Gastgewerbe aufhalten.

Grund dafür sind die erwarteten weitreichenden Folgen des Ukraine-Kriegs und die bereits etablierten und geplanten Sanktionen. Fast 80 Prozent der Unternehmen erwarten finanzielle Belastungen durch den Krieg, vor allem durch steigende Energiekosten (86 Prozent), Lieferkettenprobleme (41 Prozent) und höhere Beschaffungs- und Materialpreise (24 Prozent). Trotz dieser enormen Belastungen befürwortet ein Großteil der Befragten die bisherigen Wirtschaftssanktionen weiterhin. Ein geteiltes Stimmungsbild zeigt sich jedoch mit Blick auf das geplante Erdöl- und Erdgas-Embargo. Befürwortern dieser Maßnahme (41 Prozent) stehen fast genauso viele Gegner (36 Prozent) gegenüber. Die Zahl dieser Gegner hat mit zunehmender Dauer des Kriegs zugenommen.

Der Grad der eigenen Betroffenheit spielt bei der Bewertung des Embargos eine wesentliche Rolle: „Wie schon bei den Corona-Maßnahmen ist die Zustimmung besonders hoch, wenn das eigene Unternehmen nicht die finanzielle Last trägt“, erklärt Prof. Dr. Jannis Bischof, Inhaber des Lehrstuhls für ABWL und Unternehmensrechnung an der Universität Mannheim und wissenschaftlicher Projektleiter des GBP. „Diese finanziellen Lasten wiederum können erheblich sein. Direkt betroffene Unternehmen, die Erdgas für ihre Produktion nutzen, erwarten eine Halbierung der Unternehmensgewinne. Mehr als 50 Prozent der Unternehmen rechnen zudem mit erheblichen Gewinneinbußen durch Probleme in ihren Lieferketten“, so Bischof weiter.

Ein besonderes Augenmerk hat das GBP im neuen Report auch darauf gelegt, wie schnell Unternehmen eine Drosselung der Gas- und Erdöllieferungen kompensieren könnten. „Für die Bewertung eines möglichen Rohstoff-Embargos sind empirische Erkenntnisse zur Anpassungsfähigkeit der Unternehmen unabdingbar“, begründet Prof. Dr. Philipp Dörrenberg, Inhaber des Lehrstuhls für ABWL und Steuerlehre an der Universität Mannheim und Research Fellow des GBP, diese Entscheidung. „Unsere Daten zeigen, dass sich gut die Hälfte der Unternehmen an eine Situation mit 50 Prozent weniger Gas innerhalb eines Jahres anpassen könnte. Ein Viertel der Unternehmen erwartet jedoch, dass eine solche Anpassung mehr als 2 Jahre in Anspruch nehmen würde.“

 

Den „GBP-Monitor: Unternehmenstrends im April 2022“ finden Sie rechts.

 

Weitere Informationen zum GBP-Monitor
Das German Business Panel befragt monatlich mehr als 800 Unternehmen zur Unternehmenslage in Deutschland und erhebt dabei Daten zu 1) erwarteten Umsatz-, Gewinn- und Investitionsänderungen, 2) unternehmerischen Entscheidungen, 3) der erwarteten Ausfallwahrscheinlichkeit in der Branche und 4) der Zufriedenheit mit der Wirtschafspolitik. Zudem wird jeden Monat zu besonders aktuellen Fragen berichtet. In diesem Monat haben wir den Unternehmen unter anderem die folgende Frage gestellt: Bedroht der Ukraine-Krieg deutsche Unternehmen in ihrer Existenz? Welche Belastungen erwarten Entscheidungsträger der Unternehmen im Zuge dieser neuerlichen Krise? Und wie bewerten sie ein Rohstoff-Embargo?

 

Beteiligte Institutionen

Die Hauptstandorte vom TRR 266 sind die Universität Paderborn (Sprecherhochschule), die HU Berlin und die Universität Mannheim. Alle drei Standorte sind seit vielen Jahren Zentren für Rechnungswesen- und Steuerforschung. Hinzu kommen Wissenschaftler der LMU München, der Frankfurt School of Finance and Management, der Goethe-Universität Frankfurt, der Universität zu Köln und der Leibniz Universität Hannover, die die gleiche Forschungsagenda verfolgen.