GBP-Monitor: Unternehmen verringern Investitionen und Neueinstellungen in Erwartung von Energie-Embargo und weiterem Kostendruck

Der Krieg in der Ukraine hat deutliche Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft. Und es zeichnet sich ab, dass die Krisensituation immer stärker zu Lasten der Zukunft geht: Seit Kriegsausbruch ist der Anteil an Unternehmen, die Neuinvestitionen und Neueinstellungen planen, um 32 Prozent bzw. 12 Prozent zurückgegangen. Das belegt die Mai-Erhebung des German Business Panel (GBP) an der Universität Mannheim. Diese Entwicklung betrifft vor allem diejenigen Unternehmen, die auf Rohstoffe aus Russland angewiesen sind und Erdgas in der Produktion einsetzen. Unternehmen, die ein Energie-Embargo und einen weiteren Anstieg ihrer Energiekosten erwarten, passen ihr Verhalten bereits jetzt an.

Die Daten vom Mai 2022 zeigen, dass immer mehr Unternehmen im Verlaufe des Ukraine-Krieges ihre Neuinvestitionen verringern: Wollten Mitte Februar noch beinahe 60 Prozent der Unternehmen in Deutschland Neuinvestitionen tätigen, galt dies zuletzt nur noch für etwa 40 Prozent.

Insbesondere Unternehmen, die auf Rohstoffe aus Russland angewiesen sind, weil sie beispielsweise Erdgas in der Produktion einsetzen, ergreifen jetzt Vorsichtsmaßnahmen: Die Bereitschaft für zusätzliche Investitionen ist bei Unternehmen, die Gas direkt im Produktionsprozess oder entlang der Lieferkette einsetzen, um 21 Prozentpunkte geringer als bei Betrieben, die Gas lediglich für die Heizung benötigen. „Dass es zu Engpässen in der Energieversorgung kommen kann, preisen viele Unternehmen bereits in ihre aktuellen Entscheidungen ein. Investitionen und Neueinstellungen sinken bei diesen Unternehmen besonders stark, was viele Betriebe lähmt“, erklärt Prof. Dr. Jannis Bischof, Inhaber des Lehrstuhls für ABWL und Unternehmensrechnung an der Universität Mannheim.

Viele der Befragten planen zudem, ihre Preise zu erhöhen, Ausschüttungen zu reduzieren und Boni zu kürzen. „Angesichts der seit 2021 anhaltenden Kostenexplosion, die insbesondere durch steigende Energie- und Vorleistungsgüterpreise befeuert wird, suchen Unternehmen nach Alternativen“, kommentiert Dr. Davud Rostam-Afschar, der akademische Leiter des GBP an der Universität Mannheim. „Momentan beobachten wir vor allem ausgeprägte Preiserhöhungen, aber auch Anpassungen von Ausschüttungen als Mittel, um den Kostendruck zu mindern“, so Rostam-Afschar weiter.

Wie stark die Krisensituation zu Lasten der Zukunft ausfällt, zeigt sich auch darin, dass Unternehmen vermehrt Ausgaben für Forschung und Entwicklung kürzen. Zuletzt gaben 15 Prozent der Befragten an, solche Investitionen im Vergleich zum Vorjahr zurückfahren zu wollen. Vor Kriegsausbruch galt dies lediglich für 5 Prozent der Unternehmen.

Baubranche fährt Neueinstellungen zurück

Insbesondere in der Baubranche hat sich die Stimmung gedreht: Hier gaben die Befragten an, dass sie die Einstellung von neuen Mitarbeitenden besonders deutlich herunterfahren wollen, um damit Kosten zu sparen. Noch während der Coronakrise gehörte die Baubranche eher zu den Gewinnern. Jetzt schlagen die Preissteigerungen für Rohstoffe und Baumaterial hier besonders durch. „Gerade kleine Bauunternehmen haben früher regelmäßig Festpreisaufträge angenommen. Da sie aber die höheren Kosten, die sie im Materialeinkauf haben, zunächst gar nicht an die Kunden weitergeben können, führen viele von ihnen die Aufträge derzeit mit Verlusten durch. Das wiederum führt dazu, dass sie weniger finanzielle Mittel für Investitionen und Neueinstellungen zur Verfügung haben“, begründet Bischof. Die Betriebe seien aufgrund der stark steigenden Einkaufspreise extrem vorsichtig, überhaupt Aufträge anzunehmen, so der wissenschaftliche Projektleiter des GBP weiter.

Der Bericht zeigt zudem, dass immer weniger Betriebe ein Rohstoff-Embargo aus Russland gutheißen: Der Anteil von Befürwortern sinkt im Vergleich zur zweiten Kriegswoche von 52 auf 38 Prozent.

 

Den „GBP-Monitor: Unternehmenstrends im Mai 2022“ finden Sie rechts.

 

Weitere Informationen zum GBP-Monitor:
Das German Business Panel befragt monatlich mehr als 800 Unternehmen zur Unternehmenslage in Deutschland und erhebt dabei Daten zu 1) erwarteten Umsatz-, Gewinn- und Investitionsänderungen, 2) unternehmerischen Entscheidungen, 3) der erwarteten Ausfallwahrscheinlichkeit in der Branche und 4) der Zufriedenheit mit der Wirtschafspolitik. Zudem wird jeden Monat zu besonders aktuellen Fragen berichtet. In diesem Monat haben wir den Unternehmen unter anderem folgende Fragen gestellt: Bedroht der Ukraine-Krieg deutsche Unternehmen in ihrer Existenz? Wie passen Unternehmen ihre betriebswirtschaftliche Planung seit Kriegsausbruch an? Und wie bewerten sie ein Rohstoff-Embargo?

Beteiligte Institutionen

Die Hauptstandorte vom TRR 266 sind die Universität Paderborn (Sprecherhochschule), die HU Berlin und die Universität Mannheim. Alle drei Standorte sind seit vielen Jahren Zentren für Rechnungswesen- und Steuerforschung. Hinzu kommen Wissenschaftler der LMU München, der Frankfurt School of Finance and Management, der Goethe-Universität Frankfurt, der Universität zu Köln und der Leibniz Universität Hannover, die die gleiche Forschungsagenda verfolgen.

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