GBP-Umfrage: Deutsche Unternehmen skeptisch nach 100 Tagen Merz-Kanzlerschaft

Die aktuelle Umfrage des German Business Panel (GBP) an der Universität Mannheim zeigt: Unternehmen in Deutschland bewerten den wirtschaftspolitischen Kurs der neuen Regierung nur mäßig positiv. Besonders bei der Körperschaftssteuerreform überwiegt die Skepsis – und der Handelskonflikt mit den USA belastet die Erwartungen. Nach dem jüngsten Zollabkommen sind die Konjunkturerwartungen leicht gestiegen und liegen nun bei 1,7 Prozent für die kommenden fünf Jahre.

 

Wie geht es den Unternehmen in Deutschland nach den ersten 100 Tagen der neuen Regierung? Und wie beurteilen die Wirtschaftsentscheider*innen die vorgelegten wirtschafts- und steuerpolitischen Vorschläge? Die neuesten GBP-Daten zeigen, dass die erste Regierungsphase stark von außenpolitischen Spannungen im Zuge des Handelskonflikts mit den USA geprägt war und dass die Unternehmen mit dem Koalitionsvertrag insgesamt nur mäßig zufrieden sind: Die durchschnittliche Bewertung der wirtschaftspolitischen Inhalte liegt auf einer Skala von 0 (sehr unzufrieden) bis 10 (sehr zufrieden) bei 3,6.

Skepsis trotz Zeitplan bei Körperschaftssteuerreform

Das verhaltene Ergebnis dürfte damit zusammenhängen, dass in der Wirtschaft Zweifel an der Umsetzung einiger bereits angekündigter Reformen bestehen. 39 Prozent der befragten Unternehmen halten es für unwahrscheinlich, dass die Körperschaftsteuer – wie im Koalitionsvertrag festgelegt – tatsächlich gesenkt wird. Die Senkung von 15 auf 10 Prozent bis 2032 war eines der zentralen Versprechen der Merz-Regierung.

„Die Unternehmen zweifeln nicht am Zeitplan an sich, sondern an der Realisierung unter den gegebenen Rahmenbedingungen – etwa bei der Gegenfinanzierung, rechtlichen Abstimmungen und der praktischen Umsetzung zwischen Bund und Ländern“, sagt GBP-Projektleiter Prof. Dr. Dirk Simons. Besonders kritisch äußern sich die Land- und Forstwirtschaft sowie das Gesundheits- und Sozialwesen. Die Branchen Verkehr, verarbeitendes Gewerbe und Baugewerbe fallen dagegen mit einer positiveren Bewertung auf.

Höchste Priorität: Entlastung bei der Einkommensteuer

Die höchste Priorität hat aus Sicht der Wirtschaftsentscheider*innen die Senkung der Einkommensteuer für kleine und mittlere Einkommen. Im Gegensatz zur Reform der Körperschaftsteuer ist diese Maßnahme im Koalitionsvertrag allerdings lediglich vage für die Mitte der Legislaturperiode angekündigt. „Durch die Senkung der Einkommensteuer erhoffen sich die Unternehmen, dass auch Einzelunternehmen und Personengesellschaften entlastet werden, sowie dass die Binnennachfrage anzieht und sich damit die Auftragslage stabilisiert“, erklärt GBP-Projektleiter Prof. Dr. Davud Rostam-Afschar.

Auf den Plätzen zwei und drei der Wunschliste liegen die Senkung der Stromsteuer und die Digitalisierung der Finanzverwaltung. „Wenn Vorgänge wie Steuererklärungen, Umsatzsteuervoranmeldungen oder Erstattungsprozesse vollständig digital erfasst und automatisiert weiterverarbeitet werden, sparen Unternehmen Zeit und Verwaltungskosten“, so Rostam-Afschar.

Belastungen durch US-Handelskonflikt

Mit 71,2 Prozent sehen sich fast drei Viertel der Unternehmen direkt vom Handelskonflikt betroffen. Die Belastung äußert sich vor allem in Form von Unsicherheit: 61,5 Prozent der betroffenen Unternehmen fühlen sich durch eine unklare Nachfrageentwicklung beeinträchtigt. „Solche Unsicherheiten schlagen sich erfahrungsgemäß in konkreten Entscheidungen nieder – von Investitionsstopps über Preisaufschläge bis hin zum Verzicht auf Neueinstellungen“, sagt Simons. Ob das beschlossene EU‑Zollabkommen solche Reaktionen abmildert, wird sich in den kommenden Monaten zeigen.

Die GBP-Daten zeigen zudem, wie stark außenpolitische Spannungen den wirtschaftlichen Aufwärtstrend der ersten 100 Merz-Tage trübten: Direkt nach der Bundestagswahl hellte sich die Stimmung in der deutschen Wirtschaft spürbar auf. Der Handelskonflikt mit den USA führte zwischenzeitlich jedoch zu einem deutlichen Rückgang der Wachstumserwartungen. Mit dem jüngsten Zollabkommen sind die Konjunkturerwartungen wieder leicht gestiegen und liegen derzeit bei 0,6 Prozent für die nächsten zwölf Monate und bei 1,7 Prozent für die kommenden fünf Jahre.

Die GBP-Befragung zu 100 Tagen Merz-Regierung finden Sie rechts.

Beteiligte Institutionen

Die Hauptstandorte vom TRR 266 sind die Universität Paderborn (Sprecherhochschule), die HU Berlin und die Universität Mannheim. Alle drei Standorte sind seit vielen Jahren Zentren für Rechnungswesen- und Steuerforschung. Hinzu kommen Wissenschaftler der LMU München, der Frankfurt School of Finance and Management, der Goethe-Universität Frankfurt, der Universität zu Köln und der Leibniz Universität Hannover, die die gleiche Forschungsagenda verfolgen.

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