Jenseits der Grenzen – zunehmende Unsicherheit über zukünftige Steuerdurchsetzung führt zu weniger Investitionen

Im Jahr 2013 begann die Europäische Kommission mit der Untersuchung von Steuervereinbarungen zwischen mehreren EU-Ländern, einschließlich einiger Steueroasen (z. B. Belgien, Irland, Luxemburg und die Niederlande), und multinationalen Unternehmen (MNU), insbesondere US-amerikanischen Unternehmen. Steuervereinbarungen, die vor Jahren getroffen wurden, rückten plötzlich in den Fokus der Behörde. Ermittlungen in diesen so genannten „Beihilfefällen“ hatte es in diesem Umfang zuvor noch nicht gegeben. Sie führten daher zu einer erhöhten Unsicherheit in Bezug auf die zukünftige Durchsetzung von Steuervorschriften. Welche wirtschaftlichen Auswirkungen hatten diese Ermittlungen? Führte die Androhung einer potenziell strengeren Steuerregelung zu einer Veränderung der Investitionstätigkeit? Martin Jacob und seine Koautoren gehen auf diese Fragen in ihrer Publikation, erschienen in „The Accounting Review„, ein und bieten Regulierungsbehörden, wie der Europäischen Kommission, wertvolle Hinweise für ihr weiteres Vorgehen. 

 

Aufgrund der zunehmenden Globalisierung bieten viele Länder Steueranreize, um Unternehmensinvestitionen anzuziehen. Diese Steueranreize sollen dazu beigetragen haben, dass einige Unternehmen, insbesondere bekannte multinationale Unternehmen aus den USA wie Amazon, Apple, McDonalds und Starbucks, von einigen europäischen Ländern steuerlich bevorzugt behandelt wurden. Konkret bedeutet das, dass diese Steuerregelungen die Steuerlast für die begünstigten MNU so reduzierten wie es anderen multinationalen Unternehmen nicht zur Verfügung stand. Folglich könnten diese Vereinbarungen die Investitionsentscheidungen bestimmter MNU in den Zielländern beeinflusst haben, da sie sich als vorteilhaft für sie erwiesen haben. Jedoch haben die Untersuchungen der Europäischen Kommission zu einer größeren Unsicherheit darüber geführt, wie die Steuererhebung über die Grenzen verschiedener Länder hinweg in Zukunft behandelt werden wird. Ein Beispiel dafür ist die ursprüngliche Entscheidung (die jedoch kürzlich vom Europäischen Gerichtshof aufgehoben wurde), in der Apple aufgefordert wurde, 14,4 Milliarden Dollar an Steuern und Zinsen an Irland nachzuzahlen.

 

Investitionsrückgang von US-Unternehmen in den betroffenen Ländern

Wir haben festgestellt, dass die erhöhte Unsicherheit über die künftige Durchsetzung von Steuervorschriften in den Jahren nach dem Start der Ermittlungen der Europäischen Kommission zu einem erheblichen Rückgang der Investitionen von Tochtergesellschaften US-amerikanischer multinationaler Unternehmen in den Zielländern staatlicher Beihilfen geführt hat. Außerdem zeigen unsere Ergebnisse ebenso einen deutlichen Rückgang bei Einkäufen von Produktionsmitteln aus diesen Ländern und den Gesamtinvestitionen US-amerikanischer Unternehmen in diesen Ländern. Für die Investitionen der amerikanischen Tochtergesellschaften von MNU ist der Effekt besonders deutlich: das Anlagevermögen dieser Unternehmen ging um 1,7 % des Gesamtvermögens oder 7,6 Mio. USD pro Tochtergesellschaft zurück. Das heißt, dass US-Unternehmen ihre Investitionen in den betroffenen EU-Ländern gekürzt haben und den Regierungen dieser Länder dadurch wichtige Investitionen und reale ADI-Ströme (ausländische Direktinvestitionen) verloren gegangen sind.

 

Auswirkungen und Relevanz der Forschung

Regierungen auf der ganzen Welt sind mit der Herausforderung, Steuergesetze in einer global vernetzen Wirtschaft durchzusetzen, konfrontiert. Unsere Ergebnisse verdeutlichen die zunehmende Komplexität in der globalen Steuerregulierung und -durchsetzung, bei der mehr Akteure beteiligt sein können als auf nationaler Ebene. Politischen Entscheidungsträger*innen geben wir wertvolle Erkenntnisse für ihr Handeln: Die Ermittlungen der Europäischer Kommission und die damit verbundene gestiegene Unsicherheit bei der Durchsetzung von Steuervorschriften führten zu einem Rückgang von Investitionen und einer Verlagerung von Kapital ins Ausland. Kurz gesagt bedeutet dies, dass Unternehmen einfach nicht mehr in Europa investieren.

 

Zitation dieses Blogs:

Fox, Z., Jacob, M., Wilde, J., & Wilson, R. J. (2022, 8 Februar). Jenseits der Grenzen – zunehmende Unsicherheit über zukünftige Steuerdurchsetzung führt zu weniger Investitionen, TRR 266 Accounting for Transparency Blog. https://www.accounting-for-transparency.de/blog/jenseits-der-grenzen-zunehmende-unsicherheit-ueber-zukuenftige-steuerdurchsetzung-fuehrt-zu-weniger-investitionen

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